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Die Geschichte der „U.S.A.T. Liberty“

Copyright Norbert BINDER, PADI MSDT-950174, Renon, Denpasar im April 2013
Die Geschichte der U.S.A.T. „Liberty“
Copyright Norbert BINDER, PADI MSDT-950174, Renon, Denpasar im April 2013
Nicht alle Taucher, die dieses zu recht sehr beliebte Tauchziel schon besucht haben, wissen auch, was genau sie hier eigentlich vor sich haben. Noch dazu wo sehr viele falsche bzw. nicht gesicherte Informationen über dieses Schiff kursieren.
Copyright Norbert BINDER, PADI MSDT-950174, Renon, Denpasar im April
2013

Das beginnt schon beim Namen: In vielen Erwähnungen wird sie als „USS Liberty“ bezeichnet. Das ist schlicht und ergreifend falsch, auch wenn einige Quellen behaupten, sie sei ursprünglich unter diesem Namen vom Stapel gelaufen und wenig später umbenannt worden. Eher handelt es sich aber um eine schlampige Verwechslung mit dem während des „Sechs-Tage-Krieges“ zu ebenso tragischer wie mysteriöser Berühmtheit gelangten US-amerikanischen „Aufklärungs-Schiff“ der NSA, das am 8. Juni 1967 im Mittelmeer von israelischen(!) Luftwaffen- und Marine-Einheiten angegriffen wurde – ein bis heute nicht restlos geklärter und möglicherweise politisch motivierter Zwischenfall unter Alliierten. Zu diesem Zeitpunkt lag „unsere“ U.S.A.T. Liberty aber schon dort wo sie auch heute noch liegt – allerdings auch erst seit vier Jahren. Doch dazu später. Auch wird sie in manchen schlecht recherchierten Quellen als „Schiff der Liberty-Klasse“ bezeichnet – wieder daneben !
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Umstritten ist auch die mögliche Bezeichnung „U.S.A.T. Liberty Glo“, die Diskussion darüber dauert noch an, bezieht sich aber ohnehin nicht auf seine jüngste Geschichte vom fatalen Torpedotreffer bis zu seinem „Untergang“. Wollen wir daher bis auf Weiteres und der Einfachheit halber bei dem gebräuchlichsten Namen für dieses faszinierende Wrack bleiben – U.S.A.T. Liberty.
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Gedacht war sie ursprünglich als Truppentransporter im Ersten Weltkrieg, wurde aber erst nach dem Waffenstillstand vom November 1918 fertig gestellt, so dass sie nicht mehr als solcher zum Einsatz kam. Dies gilt übrigens offenbar auch für den zweiten Namens-Kandidaten, die „U.S.A.T. Liberty Glo“.

Bei Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg wurde die inzwischen als Handelsschiff fahrende U.S.A.T. Liberty wieder als Transportschiff für Rüstungsgüter „rekrutiert“.
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Ihr vorläufiges Schicksal ereilte die U.S.A.T. Liberty, als sie während der japanischen „Operation H“ (Invasion von Celebes, dem heutigen Sulawesi) auf dem Weg von Australien nach den Philippinen am 11. Jänner 1942 südlichwestlich der Straße von Lombok auf Position 08°54’S, 115°8’E die Aufmerksamkeit eines gewissen Herrn Yoshitomi Zenji, seines Zeichens Kommandant des japanischen U-Bootes HIJMS I-66, auf sich zog und diesen den Befehl zum Angriff geben ließ.  Der folgende Torpedotreffer riss ein großes Loch in den Rumpf der U.S.A.T. Liberty, brachte sie aber nicht sofort zum Sinken.In der Nähe befindliche amerikanische und holländische Zerstörer eilten zu Hilfe und zwangen das japanische U-Boot zur Flucht.
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Anmerkung: I-66, eines von insgesamt drei gebauten U-Booten des Typs KD5, wurde erst später, nämlich im Mai 1942 auf I-166 umbenannt und selbst am 17. Juli 1944 auf dem Weg von Penang (Malaysien) nach Singapur in der Strasse von Malakka zusammen mit 89 Mann Besatzung durch das britische U-Boot HMS Telemachus auf den Meeresgrund geschickt.
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Die U.S.A.T. Liberty aber, die kriegswichtige Güter, u.a. Gummi und Eisenbahnteile geladen hatte, wurde von den Zerstörern U.S.S. Paul Jones und HNLMS Van Ghent in Schlepp genommen. Diese versuchten sie in den Hafen von Singaraja an der Nordküste Balis, damals noch unter holländischer Kontrolle und Verwaltungszentrum für die Kleinen Sunda Inseln, zu schleppen.
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Doch das weidwunde Schiff nahm zu viel Wasser über und musste schließlich aufgegeben werden. Es gelang aber noch, sie bei Tulamben ans Ufer laufen zu lassen, so dass die kostbare Ladung sowie einige Einbauten abgeborgen werden konnten.
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Das schwer beschädigte Schiff lag während der nun folgenden zwei Jahrzehnte am Strand und rostete still vor sich hin. Es sollte zwar noch weitere Jahrzehnte dauern bis hier der Tauch-Tourismus zu blühen begann, dennoch wurde das Wrack in dieser Zeit von den Bewohnern der Umgebung bereits tauchfreundlich adaptiert, sprich man hat alles, was nicht niet- und nagelfest hingegen aber wieder verwertbar war abmontiert, insbesondere Luken, Türen, Glasscheiben etc.
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Im Jahre 1963 war es dann soweit. Das Zurückschieben des Wracks in tieferes Wasser besorgte allerdings ein Naturereignis besonderer Art. Die Bewohner Balis spielten dabei nur in ihrer eigenen Erklärung der Ereignisse eine Rolle.
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Sie feierten zu dieser Zeit das „Eka Dasa Rudra“, eines ihrer wichtigsten religiösen Feste, die üblicherweise nur etwa alle 100 Jahre stattfindende „Reinigung des Universums“.

1963 gab es aber eine (politisch motivierte) Kontroverse unter den maßgeblichen Priestern der Insel, ob der Zeitpunkt für die wochenlangen Feierlichkeiten, deren Höhepunkt zu Vollmond stattfinden würde, auch richtig gewählt wurde und den Gefallen der Götter finden würde. Die Skeptiker fanden sich zwischen Februar und Mai 1963 auf dramatische Art bestätigt.
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Am 18. Februar begann sich das Desaster mit einer lauten Explosion und aufsteigendem Rauch anzukündigen und zwischen 17. März und 16. Mai 1963 entledigte sich der Stratovulkan Gunung Agung („Hoher Berg“) in einer Folge von gewaltigen Eruptionen seines gesamten Gipfels und schleuderte Lava und Gesteinsmassen 8-10 km hoch in den Himmel. Nach teils widersprüchlichen Angaben müssen in der Folge zwischen 1500 und 3000 Menschen in den mit bis zu 400 km/h den Hang hinabrasenden Glutwolken (pyroklastischen Strömen), Schlammlawinen (Lahare) und der nachfließenden Lava sowie dem Gesteinshagel (insgesamt geschätzte 50 Millionen Kubikmeter Material !) ums Leben gekommen sein. Unzählige Dörfer wurde von den bis zu 40 Meter hohen Lavaströmen überflutet oder von den Erdstössen dem Erdboden gleichgemacht. Verschont blieb lediglich Balis wichtigstes Heiligtum, der „Muttertempel“ von Besakih, die Lava machte wenige Meter vor dem in 950m Seehöhe direkt am Hang des Agung gelegenen Heiligtum halt.

Seither ist der Berg um 200 Meter niedriger (lt. „offiziellen“ Angaben immer noch 3142m ?) und das Wrack der U.S.A.T. Liberty ruht wieder in seinem ursprünglichen Element. Die mit dem Ausbruch des Agung einhergehenden Erdstöße und die, die Hänge bis nach Tulamben herunterschießenden Lavaströme schoben es vom Strand zurück ins Wasser, wo es bis heute in gut betauchbarer Tiefe ruht.
Copyright Norbert BINDER, PADI MSDT-950174, Renon, Denpasar im April 2013
Wie vieles hier in Bali, sind auch einige Details um den Ursprung bzw. die exakte Bezeichnung „unseres“ Wracks sowie um den Vulkanausbruch und sogar die aktuelle Seehöhe des Gunung Agung (auf Google Earth findet man z.B. keinen Punkt des Kraterrandes, der  höher als 3000 m wäre) mysteriös, geheimnisumwoben oder zumindest mehrdeutig. Vielleicht sollte man sich bei der Suche nach der „Wahrheit“ einfach an ein Prinzip des „Balinesischen Hinduismus“ (Agama Hindu Dharma Bali) erinnern: Sekala dan Niskala – das was man sieht und das was im Verborgenen existiert (The Seen and the Unseen) …

In diesem Sinne stelle ich hier die Fakten, die mir bekannt sind online und werde sie laufend ergänzen bzw. berichtigen, so mir fundiertere Informationen zuteil werden sollten.

Mit meinem Audruck des grössten Respektes vor der Balinesischen Religion und Kultur und der Bitte um Nachsicht, sollte ich in diesem Artikel Fakten falsch oder missverständlich wiedergegeben haben.

Om Shanti Shanti Shanti Om !

N.B.

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QUELLEN:
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http://niehorster.orbat.com/014_japan/navy-co/subs.html

www.combinedfleet.com
www.wikipedia.org

‚Bali Sekala & Niskala, Essays on Religion, Ritual, and Art’
Fred B. Eiseman Jr., Periplus Editions (HK) Ltd., ISBN 13:978-0-945971-03-0

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